Publikation aus: AKODH-INTERN 3: 28-32, SynMed Verlag Berlin 1999

Systemische moderate Hyperthermie in der Behandlung maligner Tumoren

Manfred D.Kuno, Berlin

Zusammenfassung

Im Gegensatz zur Extremhyperthermie (Temperaturen >42,0 °C), in der die direkte thermische Schädigung maligner Zellpopulationen angestrebt wird, zielt die Anwendung moderater Körperkerntemperaturen (39,5 °C-40,5 °C) auf eine Verbesserung immunologischer Surveillance- und Repairmechanismen im krebskranken Organismus.

Anwendungstechnik der moderaten Ganzkörper-Hyperthermie, Kontraindikationen und Ausschlußkriterien sowie erste beobachtete klinische Ergebnisse werden vorgestellt.

Der Beitrag versteht sich als Diskussionsplattform zum besseren Verständnis der Mechanismen und Effekte verschiedener Techniken der Hyperthermie, die derzeit weltweit in verschiedenen Arbeitsgruppen und mit unterschiedlichen Modalitäten untersucht.

Schlüsselwörter

moderate Ganzkörperhyperthermie, Temperatureskalation, Remission, Immunsurveillance, natürliche Killerzellen.

 Einleitung

Die Geschichte der Wärmeanwendung in der Therapie von Geschwülsten ist uralt. So kannten beispielsweise bereits die Heilkundigen der altägyptischen Hochkulturen die heilsame Wirkung der Wärme, sie bestrichen Geschwülste der Haut und Tumoren der weiblichen Brust mit lichtsensibilisierenden Pflanzenauszügen, um sie anschließend dem Sonnenlicht auszusetzen.

Im Mittelalter war die Anwendung des Brandeisens in der Behandlung vieler Geschwulstarten gefürchtete (aber wirksame) Behandlungsstrategie.

Nach dem Abklingen der ersten, sehr enthusiastischen Phase der Zytostatikatherapie, nachdem klarer wurde, daß die moderne Chemotherapie nicht den erhofften Durchbruch in der Tumorbekämfung erreichen würde, wurden auch die Techniken der Wärme- und Fiebertherapie vorangetrieben.

Auf dem Boden der großen Erfolge von Coley und von Wagner-Jauregg in der Bekämpfung von Infektionen mittels Applikation von Pyrogenen bzw. Hochfrequenzströmen , entwickelten sich zwei Hauptanwendungsgebiete in der Wärmeanwendung:

a) die aktive Hyperthermie, bei der mittels intravenöser Gabe von Pyrogenen hohe Fieberschübe provoziert wurden

sowie

b) die passive Hyperthermie, die den Körper des Krebskranken mittels physikalischer Techniken auf hohe Temperaturen erwärmte.

 

 Die passive Hyperthermie

Durch die Anwendung moderner physikalischer Techniken ist es heute möglich, gezielte Körperregionen oder den gesamten Körper eines Menschen auf bestimmbare Temperaturen zu überwärmen. Pioniere der physikalischen Medizin wie von Ardenne und Heckel ermöglichten durch bahnbrechende Arbeiten die heute praktikable und gefahrlose Anwendung dieser Technik auch in der Naturheilpraxis.

Zur Anwendung kommen dabei verschiedene Techniken, von der Mikrowellen-, über die Ultraschall- bis zur Infrarottechnik.

Der Begriff der Hyperthermie definiert sich dabei durch die Überwärmung des Gesamtorganismus (systemische Hyperthermie) oder begrenzter Körperregionen (regionale Hyperthermie).

Praktiziert werden auch kombinierte Verfahren sowie Kombinationen mit anderen Methoden der empirischen Onkologie, die einen Einfluß auf die Wärmeregulation des Menschen haben (z.B. Misteltherapie).

Zu den Anwendungen und Wirkungen der regionalen Hyperthermie verweise ich auf den Aufsatz von Zender in vorliegender Ausgabe AKODH-intern.

Die Anwendung der passiven moderaten Hyperthermie verfolgt aus meiner Sicht drei wesentliche Ziele:

  1. Störung der kapillären Tumormikrozirkulation;
  2. die Stimulation tumorizider Immunmechanismen (Apoptoseinduktion und Anregung der zellvermittelnden Tumor-Immun-Antwort);
  3. die Modulation der (bei Krebs gestörten) Wärmeregulation des erkrankten Organismus.

 Ausgangssituation und Indikationsstellung

Vielerseits wird beschrieben, daß an Krebs erkrankte Menschen eine deutlich gestörte Wärmeregulation aufweisen. Dabei ist diese Störung erkennbar an signifikant niedrigeren Tages-Temperaturprofilen bei Krebskranken gegenüber Krebsgesunden, die im Tagesverlauf starr und unbeweglich sind (kleine Amplitude). Krebskranke weisen in der Anamneseerhebung sehr oft ein Fehlen von fieberhaften Erkrankungen über viele Jahre vor Ausbruch der Krebskrankheit auf. Sie geben oft an, über viele Jahre "gesund" gewesen zu sein und machen dies an fehlenden fieberhaften Infekten fest. Demgegenüber muß festgehalten werden, daß die fieberhafte Reaktion auf z.B. grippale Infekte zu den normalen und "gesunden" Äußerungen immunologischer Aktivität gerechnet werden muß. Menschen mit jahrelang fehlenden fieberhaften Infekten müssen m.E. aus immunbiologischer Sicht als "gefährdet" eingestuft werden.

Gerade die anthroposophische Medizin hat sich über Jahrzehnte forschend mit den zirkadianen Tagesrhythmen des Menschen beschäftigt und belegt die Notwendigkeit der Temperaturreaktion als einen Ausdruck des gesunden Organismus. Auch die Aktivität menschlicher Abwehrzellen unterliegt solchen Zirkadianrhythmen. Interessant ist dabei, daß die Tageszeiten hoher Temperatur beispielsweise übereinstimmen mit den Phasen erhöhter Killerzell-Aktivität.

Diese Zusammenhänge konnten von Heine auch hinsichtlich der Aktivität der Granulozyten belegt werden, die bei erhöhter Temperatur auch eine erhöhte Stoffwechselaktivität aufweisen (Leukozytolyse). Nach Gabe von temperaturstimulierenden Phytotherapeutika (z.B. nach Infusionen mit dem Mistelextrakt Vysorel) zeigte sich eine deutlich erhöhte nk-Zell- und Leukozytolyse-Aktivität.

Die über Jahre in unserer Praxis gemachten positiven Erfahrungen in der Anwendung immun- und temperaturstimulierender Mistelextrakte bewegten uns vor einiger Zeit, die Krebsbehandlung um die Anwendung der systemischen und regionalen passiven Hyperthermie zu erweitern. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf drei Patientengruppen:

  1. Patienten mit kleinen (in-situ-) Primärkarzinomen (kurativer Therapieansatz);
  2. Patienten nach kurativer chirurgischer Intervention (Sekundärprävention);
  3. Patienten in inkurablen, "austherapierten" Krankheitsstadien (Verbesserung und Verlängerung des Überlebenszeitraumes).

Zu 1. :

Patienten mit histologisch gesicherten in-situ-Karzinomen (v.a. Mamma-, Prostata-, Zervixkarzinome) können nach unseren ersten Beobachtungen durch Anwendung der moderaten Ganzkörper-Hyperthermie in klinisch (Palpation, Tumormarker) und bioptisch gesicherte Vollremissionen gebracht werden. Ob sich diese Remissionen (v.a. im Zusammenhang mit parallel verlaufenden, immunmodulierenden Therapien) über einen befriedigend langen Zeitraum erhalten lassen, bleibt aus unserer Sicht abzuwarten.

Zu 2.:

In der zweiten Patientengruppe kombinieren wir die (wie auch im Beitrag von J.Zender ausgeführte) regionale Infrarot-Hyperthermie des Operationsfeldes und der Lymphabflußwege mit der systemischen, niedrigdosierten Gabe von Mistelextrakten (in diesem Fall Vysorel). Ziel ist die Minimierung von Lokalrezidiven und lymphogenen Metastasierungen. Die Fragestellung ist hier insbesondere, inwieweit diese Therapieoption auch als Alternative zur lokoregionären Strahlentherapie dienen kann.

Zu 3.:

Bei der dritten Patientengruppe setzen wir die systemische Hyperthermie (Ganzkörpererwärmung auf 39,5 °C-40,5 °C) ein und kombinieren diese mit der Anwendung lokaler, wassergefilterter Infrarot-Bestrahlung in der Hochtemperaturphase. Zudem infundieren wir zu Beginn der Temperatureskalation eine Hochdosis eines wässrigen Mistelauszuges (Vysorel).

Ziel ist hier nicht die direkte Tumorzellzerstörung, die nur mit höhreren Temperaturen erreicht werden kann, sondern die Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung des Überlebenszeitraumes. Erste eigene Erfahrungen bestätigen andere Publikationen hinsichtlich eines deutlich verbesserten Allgemeinbefindens (Vitalität), insbesondere aber in einer deutlichen Reduzierung bestehender Tumorschmerzen. Hier haben wir in der Behandlung von derzeit vier Patienten mit inkurablen Pankreaskarzinomen die ausgangs bestehende Schmerzmedikation mit Morphinderivaten auf minimale Dosen reduzieren bzw. absetzen können. Darüber hinaus beobachteten wir signifikant längere Überlebenszeiten gegenüber dem onkologisch-statistischen Mittel.

Die Wärmeanwendungen erfolgen gemäß der in der Deutschen Gesellschaft für Hyperthermie (DGHT) festgelegten Richtlinien, deren Mitglieder wir sind.

 

Vorauswahl der Patienten

Alle Patienten, bei denen eine Hyperthermiebehandlung durchgeführt werden soll, müssen sich vor Beginn der Behandlung einer gründlichen internistisch-kardiologischen Abklärung unterziehen. EKG, Belastungs-EKG, pO2-Messung, Spirometrie sowie ggf. serochemische Bestimmung von Herzenzymen, Mineralien und Gerinnungsstatus sind obligatorisch.

Patienten mit Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, nach Herzinfarkt, Apoplexie, Thrombose oder Thrombophlebitis sowie Patienten in reduziertem Allgemeinzustand werden von der Hyperthermiebehandlung ausgeschlossen, da das Risiko für bedrohliche Komplikationen aus grundsätzlichen Erwägungen minimiert werden muß. Ein gesichertes Hirnödem (z.B. bei Patienten mit Hirntumoren und/oder Hirnmetastasen) sind von der Hyperthermiebehandlung ebenfalls ausgeschlossen.

In der Regel wird über einen Zeitraum von drei Monaten zweimal pro Woche eine Behandlung durchgeführt, bei der eine lokale Gewebsüberwärmung über 30-60 Minuten mittels einem wassergefilterten Infrarot-Strahler (HYDROSUN-500-Strahler) angewendet wird. Zu Beginn der Bestrahlung erfolgt die intravenöse Applikation eines wässrigen Mistelauszuges (Vysorel).

Die Wärmeanwendung erfolgt direkt in die Operationsregion (Tumorbett) sowie in die Weichteilregionen der Lymphabflußwege.

Eine Kontrolle der Behandlungseffektivität erfolgt über klinisch-onkologische Beobachtung sowie über die Bestimmung der spezifischen Tumormarker und der jeweiligen Immunstaten aus dem Blut des Patienten.

Eine spezifische Beschreibung dieser lokalen Hyperthermietechnik und deren Wirkung entnehmen Sie bitte dem Beitrag von J.Zender.

Durchführung der moderaten systemischen Hyperthermie in der

immunbiologischen Tumorbehandlung

Angesichts der Tatsache, daß rund 80% der krebsbedingten Todesfälle nicht durch den Primärtumor, sondern durch Metastasen verursacht werden, angesichts aber auch der ganzheitlichen Grundkonzepte, die eine Krebserkrankung als eine primär systemische Erkrankung verstehen, hat unser Therapiebestreben auch eine dementsprechend systemische Zielrichtung. Aus diesem Grund kombinieren wir die Hyperthermie mit anderen Verfahren, insbesondere der intravenösen Applikation wässriger Gesamtauszüge aus Viscum Album L. (Vysorel), der differenzierten Gabe von, auf die individuelle Immunlage abgestimmten Immunmodulatoren wie Thymus- (Thymoject) und Splenopeptide (Factor AF2), Antioxidanzien wie reduziertes Glutathion (Red-Ox), sowie einer Anregung entgiftender und drainierender Mechanismen durch Applikation von Tiefpotenz-Homöopathika und entsprechender Phytotherapeutika.

 

Im Falle der fortgeschrittenen, klinisch inkurablen, disseminierten Krebskrankheit sind (meist unter zeitlicher Limitierung) vordringlich tumordestruktive Therapieverfahren erforderlich. Die Zurückdrängung maligner Tumormassen steht im Vordergrund der Maßnahmen. Zeit zu gewinnen ist das leitende Motto, das uns die nachfolgend beschriebenen Behandlungskombinationen wählen läßt.

Die Patienten werden nach (weiter oben beschriebener) internistisch-kardiologischer Abklärung in etwa 2wöchigem Abstand einer Serie von 5-15 Hyperthermiebehandlungen unterzogen. Jede Behandlung erfolgt ambulant, aber unter intensiver Beobachtung und Überwachung mittels EKG- und Oximetrie-Monitoring, Puls- und Blutdruckkontrolle sowie kontinuierlicher Überwachung der Körperkerntemperatur per rektalem Temperaturfühler. Alle Beobachtungsparameter werden genau dokumentiert.

Jeder einzelne Hyperthermieprozeß dauert insgesamt etwa 4 Stunden, anschließend können die Patienten mit Begleitperson wieder nach Hause fahren.

Die Hyperthermiebehandlung gliedert sich in vier Phasen:

1. Vorbereitung

Die Patienten legen sich mit einem leichten Baumwoll-Schlafanzug in die zeltartige Hyperthermie-Kabine nach Heckel, erhalten einen intravenösen Zugang mit einer Mineralstofflösung (Ringer-Lsg.) sowie die Ableitungen für die Überwachungsgeräte.

Der Kopf des Patienten wird außerhalb der Kabine gelagert, so daß die Patienten, falls gewünscht, eine Entspannungs- oder Meditationskassette über Walkman hören können (Abb.1.)

2. Überwärmung ("Wärmeeskalation")

Nach Abschluß der Vorbereitungen wird die Kabine mit Klettbändern geschlossen, und die im Kabinendach befindlichen vier Infrarotstrahler werden eingeschaltet. Die Strahler sind so angeordnet, daß sie eine breit streuende, diffuse Infrarot-Wärmestrahlung abgeben. Verbrennungsgefahr besteht bei der von uns angewandten Technik (INFRAROTSYSTEM nach Heckel) nicht. In einem nun folgenden Zeitraum von 60-90 Minuten wird der Patient kontinuierlich auf die gewünschte Temperatur erwärmt. Wir streben dabei eine Zieltemperatur von ca. 39,5 °C bis 40,0 °C an. Erfahrungsgemäß heizt der Organismus nach Abschalten der Strahler noch etwa 0,5 °C spontan nach, so daß eine Ganzkörpertemperatur von ca. 40,0 °C bis 40,5 °C erreicht wird.

Die geschlossene Hyperthermiekabine, die innen mit reflektierenden Folien ausgestattet ist, verunmöglicht dem Organismus die reaktive Temperatursenkung durch Oberflächenkühlung. Dementsprechend stark ist die beim Patienten einsetzende Schweißsekretion.

Um eine schnellere Wärmeverteilung im Organismus zu erreichen, verwenden wir eine in einem Inkubator auf 40,0 °C vorerwärmte Infusionslösung. Im Fall manifester Tumoren und disseminierter Tumorerkrankungen infundieren wir in dieser Phase hohe Dosen wässriger Gesamtauszüge aus Viscum Album L. (Vysorel), die dann in der folgenden Phase der einsetzenden Mikrozirkulationsstörungen im Tumorkapillarnetz zu direkten Wirkungen am Tumor führen soll (Abb.2).

3. Wärmestau und ergänzende Maßnahmen

In der Hochtemperaturphase wird der Patient nach Abschalten der Wärmestrahler in die leichten Kabinenfolien eingewickelt, es wird somit eine Wärmestaupackung angewandt, die die Temperatur über mehrere Stunden auf dem erreichten Plateau halten kann. Wir führen in dieser Phase eine zusätzliche ca. 30minütige regionale (perkutane) Bestrahlung des Tumorfeldes mittels wassergefiltertem Infrarot-Strahler (HYDROSUN 500-Strahler) durch, über den per Konduktionswärme nun auch tiefe Gewebsschichten auf tumorizide Temperaturen (>41,5 °C) überwärmt werden können. Der Patient verspürt hierbei keine Beschwerden, Verbrennungen sind bei der eingesetzten Technik nicht möglich.

Parallel erhält der Patient nun über den intravenösen Zugang die für den jeweiligen Fall vorgesehenen Immunmodulatoren.

Nach diesem Behandlungsvorgehen wird der Patient noch etwa 1 Stunde in der Wärmestaupackung belassen (Abb.3).

4. Wärme-Deeskalation

Nach Öffnen der Wärmestaupackung und Abdecken mit trockenen Laken sinkt die Temperatur des Patienten kontinuierlich im Laufe von ca. 3-4 Stunden auf normale Temperaturwerte ab. Die Patienten können bei einer Temperatur von rund 38,0 °C duschen und anschließend in Begleitung nach Hause entlassen werden. In seltenen Fällen beschreiben die Patienten einen neuerlichen spontanen Temperaturanstieg auf etwa 39,0 °C, der etwa 6-8 Stunden nach der Behandlung einsetzt, und ohne weitere Maßnahmen nach 1-3 Stunden Dauer wieder abklingt (Tumorzerfalls-Fieber?). (Abb.4)

 

Subjektives Empfinden

Die Patienten empfinden die Behandlung selbst als anstrengend. Vor allem die Wärmeeskalation unter kontinuierlicher Einwirkung der vier Wärmestrahler wird oft als lästig oder schwierig zu ertragen bezeichnet. Bei entsprechender personeller Betreuung (Gespräche, Abtupfen der Stirn mit einem feuchten Lappen, Trinken von Wasser oder Tee, oder auch der Gabe von Obst) ist der Therapievorgang in aller Regel gut durchführbar. Probleme treten bei Patienten mit klaustrophobischer Anamnese auf, die aber durch gute Betreuung und ggf. Gabe von intravenöser Magnesium-Calcium-Mischung problemlos aufgefangen werden können.

Nahezu alle Patienten beschreiben, daß nach einer Phase der Erschöpfung, die etwa 1-2 Tage anhält, ein ausgesprochen vitales Körpergefühl besteht, das über das Ausgangsbefinden deutlich hinaus geht.

Hinzu kommt, daß einige Patienten ein anhaltend gut durchwärmtes Körperempfinden nach den Behandlungen beschreiben, was ihnen Jahre bis Jahrzehnte vorher nicht gegeben war. Möglicherweise (und dies bleibt zu objektivieren) deutet dies auf eine modulierende Wirkung in der Wärmeregulation der Patienten hin.

Temperatur-Verlaufsmessungen zeigen uns jedenfalls, daß unter Hyperthermiebehandlung sowohl die Tagestemperatur-Amplitude größer, wie auch das Temperaturplateau höher wird (s.Tab.1).

 Objektive Verträglichkeit

Im Rahmen der von uns bisher durchgeführten Hyperthermiebehandlungen kam es anfänglich zu Problemen, wenn wir die Behandlung mit Kopf-Innen-Lagerung durchführten. Seit wir generell den Kopf außerhalb der Wärmekabine lagern, sind keine nennenswerten Probleme mehr aufgetreten.

Lediglich bei einem Patienten mit Bronchialkarzinom nach Lobektomie kam es überraschend zu einem plötzlichen Herz-Kreislaufkollaps mit Bradycardie von 52 Schlägen/Min., Blutdruckabfall auf 90/60 mmHg und Abfall des pO2 auf 82%.

Die Infusion eines Plasmaexpanders (Gelifundol), Injektion von 10ml Magnesiocard und Sauerstoffgabe ließen die Situation in wenigen Minuten sich wieder entspannen.

Da der Patient (immerhin ein 2m großer, durchtrainierter Leistungssportler) aufgrund seiner Grunderkrankung parallel Zytostatika erhielt, die als Nebenwirkungen auch kardiotoxische Seiteneffekte erwarten lassen, haben wir ihn zur Abklärung an einen Kardiologen überwiesen, die Hyperthermiebehandlung wurde ausgesetzt.

Sofern also die oben ausgeführten Ausschlußkriterien beachtet und die internistisch-kardiologische Abklärung keine Kontraindikationen bietet, sofern weiterhin (und dies scheint mir erforderlich) eine adäquate Überwachung des Patienten gewährleistet ist, kann die systemische Hyperthermie als gut verträgliche, immunbiologische Tumorbehandlung eingestuft werden.

 

Erste klinische Ergebnisse

In der Behandlung maligner Tumorerkrankungen legen wir großen Wert auf eine detaillierte Beobachtung subjektiver wie objektivierbarer klinisch-onkologischer und immunologischer Parameter.

In drei Fällen organlimitierter (in-situ-) Prostatakarzinome konnten Remissionen erreicht werden, die durch Normalisierung des ausgangs pathologischen PSA wie auch durch urologische Palpationskontrolle bestätigt wurden. Entsprechende Beschwerden vor Behandlungsbeginn (Druckgefühl im Unterbauch, Nykturie und Polakisurie) verschwanden.

Eben solche günstigen Ergebnisse erreichten wir bei drei Patientinnen mit in-situ-Zervixkarzinom (PAP IV-V) sowie bei einer Patientin mit lokalem (Brustwand-) Rezidiv.

Weitere 10 Patientinnen mit Mammakarzinom, bei denen nach üblicher Erstbehandlung (Segmentresektion+Radiatio) eine wie oben beschriebene Nachbehandlung durchgeführt wurde, sind derzeit im rezidivfreien Intervall in der Beobachtung.

Bei vier Patienten mit inkurablem Pankreaskarzinom wurden überraschend lange und beschwerdearme bzw. –freie Überlebenszeiten beobachtet. Gerade die hier in der Regel bestehenden schweren und schwersten Schmerzzustände lassen sich durch die Wärmeanwendung hervorragend beherrschen. Eine Tumorremission wurde in diesen Fällen bislang nicht beobachtet.

Bei 10 Patienten führten wir vor, während und nach der Hyperthermie Untersuchungen von Blutbild, Lymphozyten-Subpopulationen, Aktu-Phase-Protein c-rP, Immunglobulinspiegeln, Makrophagen-Aktivitätsmarker Neopterin und Tumormarkern durch. Zusammenfassend kann hier berichtet werden, daß es bei 7 von 10 Patienten unter Hyperthermiebedingungen zu einem hochsignifikanten Anstieg der nk-Zellzahl, einem deutlichen Anstieg der Zahl der zytotoxischen Suppressor-T-Zellen sowie zu einer deutlichen Verbesserung von Erythrozyten und Hämoglobin kam. Diese Veränderungen hielten in der Regel bis etwa 10 Tage nach der Hyperthermie an, um dann langsam wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Wir beschreiben diese Beobachtung als "immunologischen push". In den Leukozyten- und Thrombozytenzahlen, den Zellzahlen für T-Zellen, Helfer-T-Zellen, Suppressor-Gesamt-T-Zellen, aktivierten T-Zellen und LAK-Zellen sowie in den Tumormarkern sahen wir keine signifikante Bewegung.

Ausgangs erhöhte IL2-rezeptorpräsentierende T-Zellen, akut-Phase-Proteine (c-rP) und der Makrophagenaktivitäts-Marker Neopterin sanken nach unseren Beobachtungen unter Hyperthermiebedingungen deutlich ab (s.Tab.2-6).

Diese unsere Beobachtungen korrelieren mit Berichten aus Arbeitssitzungen der Deutschen Gesellschaft für Hyperthermie DGHT, in denen von signifikanten Erhöhungen der nk-Zell-Aktivität unter moderater Hyperhermie berichtet wurde, wohingegen Temperatureskalationen in den extremen Bereich (>41,0 °C) zu einer nk-Zell-Suppression führten.

Anschrift des Verfassers:

Manfred Kuno
Peter-Strasser-Weg 35
12101 Berlin
Tel. 785 71 51
Fax. 785 82 12

e-mail: info@akodh.de

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